Sigfried und Kriemhild - Kriemhilds Hochzeit
- Autor: Autor Unbekannt
13 Jahre lang trauerte Kriemhild um ihren Mann. Eines Tages aber erschien Markgraf Rüdeger von Bechelaren bei ihr und warb im Namen König Etzels um die Hand der Königin. Etzels Frau Helche war unlängst gestorben und so begehrte er nun die schöne Kriemhild zur Frau.
Gunther und seine Brüder waren begeistert von der Idee, denn sie hoffte sehr, dass ihre Schwester so den Weg zurück ins Leben finden würde. Immerhin seien 13 Jahre der Trauer genug, fanden sie einstimmig. Nicht einverstanden mit der Hochzeit war dagegen Hagen von Tronje. Er befürchtete nämlich, dass ihm und den Burgunden Böses drohe könnte, wenn Etzel Kriemhild ehelichen würde, denn immerhin war Hunnenkönig Etzel ein sehr mächtiger Herrscher mit großem Einfluss und Kriemhilds Zorn über den Tod des Mannes Sigfrid noch lange nicht verraucht.
Kriemhild war lange unschlüssig, was sie tun sollte. Als Witwe steht es mir nur zu zu weinen, sagte sie auf Rüdegers Frage hin, ob sie Etzels Frau werden wolle. Erst als Rüdeger ihr aber versicherte, jedes Leid, das ihr je widerfahre, würde er blutig rächen, da stimmte sie einer Hochzeit mit Etzel zu.
So zog Kriemhild als fort von Worms. Begleitet wurde sie von Rüdeger, und Etzel kam ihr ein Stück des Weges entgegen. In Wien feierte das Paar schließlich 17 Tage lang Hochzeit, bevor es zurück ins Hunnenreich ging. Kriemhild wurde glücklich mit Etzel und gebar ihm sogar einen Sohn, der Ortlieb genannt wurde. Doch natürlich vergaß die Königin über all ihr Glück hinweg auch ihr Unglück von einst nicht. Sigfrid geriet bei der schönen Frau nie Wirklich in Vergessenheit.
Viele Jahre lebten Kriemhild und Etzel so zusammen. Eines Nachts aber offenbarte sich die Königin ihrem zweiten Mann und beklagte, dass sie nie ihre Verwandten sehen könne, nicht Gunther, nicht Giselher, nicht Gernot. König Etzel stimmte sofort zu, für sie ein großes Fest organisieren zu wollen und schicke sogleich Boten nach Worms aus, um davon künden zu lassen.
Alle dort waren von der Idee angetan. Alle, bis auf einen: Hagen von Tronje hielt nun rein gar nichts davon, ins Hunnenreich zu reisen. Er warnte Kriemhilds Brüder vor einem solchen Ausflug, doch die warfen ihm nur vor, dass er sich fürchten würde. So stimmte schließlich auch Hagen zu, Königin Kriemhild einen Besuch abzustatten.
Da der Weg dorthin weit und beschwerlich war, kehrten die Wormser unter anderem unterwegs bei Rüdeger ein, bei dem Mann also, der vor Jahren als Brautwerber bei Kriemhild für Etzel aufgetreten war. Der junge Giselher verliebte sich in dessen Tochter Dietlind und verlobte sich sogleich mit ihr, dann zog man weiter, begleitet von Rüdeger und 500 seiner Männer.
Dietrich von Bern, der zu diesem Zeitpunkt am Hofe Etzels lebte, ritt mit seinen Männern den Gästen entgegen, um sie zu begrüßen. Als er Hagen von Tronje die Hand reichte, flüsterte er ihm zu, er solle immer schön auf der Hut sein, denn Königin Kriemhild würde noch immer jeden Morgen Tränen um Sigfrid weinen. Da wussten auch Kriemhilds Brüder, dass ihre Reise nicht ohne Gefahren sein würde.
Trotzig ritten die Burgunden am Hofe des Hunnenkönigs ein. Kriemhild begrüßte ihre Gäste und nahm dabei ihren Lieblingsbruder Giselher fest in den Arm. Als sie Hagen von Tronje erblickte, murrte sie ihn an, ob er ihr denn wohl den Nibelungenschatz mitgebracht hätte. Doch Hagen antwortete nur, dass er schon schwer an Schild und Speer zu tragen gehabt hätte. Da wusste Kriemhild, dass jemand die Burgunden vor dem Besuch im Hunnenreich gewarnt hatte.
Derjenige, der die Burgunden gewarnt hat, sollte sterben, rief sie laut und voller Zorn. Und ebenso zornig und laut erwiderte Dietrich von Bern, dass er derjenige gewesen sei, der die Warnung ausgesprochen hatte. Da verstummte die Königin schnell, denn diesen gewaltigen Mann fürchtete sie sehr.
Nach der langen Reise mussten sich die Burgunden an Etzels Hof zunächst einmal richtig ausruhen. Hagen und Volker, ein sehr wehrhafter Sänger, übernahmen die erste Wache und setzten sich Kriemhild Gemach gegenüber auf eine Bank. Als Kriemhild die beiden erblickte, wurde sie natürlich sofort wieder an den Tod ihres ersten Mannes erinnert und rief Etzels Männer zu, sie sollten sie rächen. Gleich 60 waren auf Anhieb dazu bereit, doch das waren viel zu wenige. So kamen 400 zusammen.
Die Königin, ihre Krone auf dem Kopfe tragend, schritt der kampfeslustigen Truppe voran. Als Hagen sie kommen sah, legte er sein Schwert auf seine Knie. Es war einst Sigfrids Schwert gewesen, das erkannte auch Kriemhild auf den ersten Blick. Sofort wollte sie von Hagen wissen, der ihr nicht einmal die Ehre erwiesen hatte, in ihrem Beisein aufzustehen, warum er ohne Einladung an den Hof der Hunnen gekommen sei.
Hagen antwortete von oben herab, dass er nur seinen drei Königen gefolgt sein, so wie man es von ihm erwartet hätte. Kriemhild ruhte nicht. Warum hast du damals diese Tat begangen, für die ich dich so sehr hasse?, fragte sie. Da antwortete ihr Hagen, er habe Sigfrid erschlagen, um die Schmach, die man seiner Königin Brunhild angetan hatte, zu rächen. Im weiteren Verlauf des Gesprächs forderte Hagen die 400 Hunnen zum Kampfe heraus, doch die zogen sich zurück. Zu groß war ihr Respekt vor diesem Mann.
König Etzel hatte von all den Vorkommnissen nichts mitbekommen. Am nächsten Tag lud er seine Gäste zu einem üppigen Mahl ein. In der Nacht legten sich die Gäste in einem Saal zum Schlafen nieder, auch dieses Mal hielten Volker und Hagen Wache. Eigentlich hatten Kriemhilds Männer in diesen Stunden einen Überfall vornehmen wollen, doch als sie sahen, wer den Schlaf der Gäste bewachte, kehrten sie unverrichteter Dinge zurück. Volker, der Sänger, begleitete den Abzug mit schändlichen Worten.