Einen Interview-Artikel schreiben: Vorbereitung & Tipps

Warum Leute befragen?

Beim Thema Interview denken die meisten an Stars, Politiker oder Wirtschaftsbosse, die Journalisten Rede und Antwort stehen. Doch sie sind eher die Ausnahme als die Regel: Immer, wenn du in einer Sache recherchierst, musst du Leute befragen. Oder, anders ausgedrückt: Sie interviewen.

Weil nahezu jeder Artikel allein durch die Tatsache, dass du Menschen, die bei einem Geschehen eine Rolle gespielt haben oder spielen, auftreten lässt, sehr viel besser wird. Je nachdem, worüber du berichtest, sind es Zeugen, jemand, der direkt von einer Sache betroffen ist, ein Experte oder eine bekannte, einflussreiche Person.

Indem du sie zitierst, d.h. das schreibst, was sie zu dir gesagt haben, machst du deutlich, dass du mit der Person gesprochen hast. Es wird deutlich dass das, was du schreibst, nicht deine Meinung, sondern die deines Gesprächspartners ist. Um ein Zitat kenntlich zu machen, musst du es als wörtliche Rede in Anführungszeichen setzen und die Person, die den zitierten Ausspruch getan hat, auch nennen. Z.B. so: "Ich freue mich sehr, dass so viele von euch zu der Veranstaltung gekommen sind." Mit diesen Worten begrüßte der bekannte Handball-Nationalspieler (Name des Spielers) die Jugend-Spieler unserer Handballabteilung.

Nah am Geschehen
Journalisten sprechen jeden Tag mit den Leuten, um Informationen zu bekommen, die sie in Artikeln verwerten können. Zu diesem Zweck telefonieren sie viel oder reden mit den Leuten vor Ort. Wenn du jemanden zitierst oder ein längeres Interview mit ihm führst, dann solltest du jemanden wählen, der eine wichtige Rolle in einem Geschehen spielt.



Ein Interview vorbereiten

Gib dir und deinem Gesprächspartner ausreichend Zeit, sich auf das Interview vorzubereiten. Wie gehst du dabei vor?

Informationen über den Interviewpartner sammeln
Stell dir vor, ein bekannter Jugendbuch-Autor will in eurem Jugendzentrum sein neues Buch vorstellen. Damit du treffende Fragen stellen kannst, solltest du einiges über ihn wissen. Z.B. wie viele Bücher er schon veröffentlicht hat. Wovon sein letztes Buch handelt. Diese Informationen musst du dir vor dem Interview-Termin selbst beschaffen. Verschaffe dir mit dem Internet einen Überblick über den Lebenslauf und das Werk des Autors und lese zumindest das Buch, das er zuletzt geschrieben hat. Im Internet findest du auch Besprechungen, d.h. Rezensionen zu seinen Büchern. Wenn du hier eine aussagekräftige Stelle zu einem Buch findest, kannst du sie als Zitat in eine Frage einbauen.

Ort und Zeit für das Interview vereinbaren
Nimm mit deinem Interviewpartner Kontakt auf und vereinbart einen Treffpunkt und die genaue Uhrzeit, zu der ihr euch treffen wollt. Wenn du z.B. einen Mitschüler oder einen Vereinskameraden interviewen willst, kannst du ihn einfach nach seiner Telefonnummer und seiner Mailadresse fragen. Bei Lehrern gilt genau dasselbe. Wenn du dagegen jemanden von der Schulbehörde, dem Jugendausschuss der Stadt oder der Vereinsleitung sprechen möchtest, dann wird die Sache schwieriger. Meist musst du im Internet recherchieren, um an die benötigten Daten zu kommen. Und dann ist auch da noch die Sekretärin. Sprich ruhig mit ihr. Sage ihr, für welche Zeitung du schreibst und in welcher Angelegenheit du ein Interview führen möchtest. Hinterlasse deine Kontaktdaten und gib genau Bescheid, wann du Zeit hast. Sage auch, wie lange deiner Meinung nach das Interview dauern wird. Der gewünschte Interviewpartner meldet sich nicht? Nicht locker lassen! Rufe noch einmal an und bitte um einen Termin.

Aufnahmegerät statt Notizblock und Stift
Wie die Fragen und Antworten festhalten? Besorge dir ein Aufnahmegerät. Am besten einen MP3-Player. Wenn du das Interview aufnimmst, gibt es keine Fehler, die darauf zurückzuführen sind, dass du etwas akustisch nicht richtig verstanden hast.

Warum nicht Zettel und Stift? Denke daran: Du hast oft nur wenig Zeit für dein Interview. Dazu kommt, dass du immer noch schreibst, während dein Gesprächspartner spricht. Es kann leicht passieren, dass du in der Eile etwas missverstehst oder vergisst. Und noch etwas: Der Redefluss kommt nicht richtig in Gang, wenn dein Gesprächspartner immer wieder darauf warten muss, bis du die nächste Frage stellst.

Schriftliches Interview
Viele Gesprächspartner sind unterwegs und oft auch telefonisch schwer zu erreichen. Doch auch dann brauchst du auf dein Interview nicht zu verzichten. Am besten ist es, wenn du deinen Gesprächspartner fragst, ob er einverstanden ist, wenn das Interview per E-Mail geführt wird. Falls ja, dann frage ihn nach seiner E-Mail-Adresse und maile ihm die Fragen zu.

Denke daran, dass…

… dir vor dem Interview-Termin umfassende Informationen über deinen Interview-Partner besorgst.

… deinen Interviewpartner vor dem Interview fragst, ob er damit einverstanden ist, dass du das Interview aufnimmst.

… direkt vor dem Termin nachprüfst, ob das Gerät auch tatsächlich funktioniert.

… immer Block und Stift dabeihast, falls das Gerät nicht funktioniert.

… dich und deine Zeitung, für die du schreibst, vorstellst, wenn du mit einem Interviewpartner ein Interview per E-Mail schreibst.

… du deinem Interviewpartner bei einem schriftlichen Interview ausreichend Zeit zum Antworten gibst.

… nachfragst und die Frage ein wenig anders stellst, wenn du eine Antwort nicht richtig verstanden hast oder wenn du das Gefühl hast, dein Interviewpartner weicht deiner Frage aus.

… die Antworten, den dir dein Interviewpartner schickt, sprachlich ein wenig überarbeiten und den Text auch kürzen kannst. Maile deinem Interviewpartner den fertigen Text zu, wenn er das Interview autorisieren, d.h. freigeben möchte.

Ein Interview führen

Jemandem eine Frage stellen, ist einfach. Aber wie führt ein Interview, wo Frage auf Frage folgt?

Zurück zum Treffen: Ihr habt euch begrüßt, setzt euch an einen Tisch, du packst dein Aufnahmegerät aus, ihr besorgt euch etwas zu trinken und plaudert ein bisschen. Versuche die Atmosphäre möglichst locker zu gestalten. Mache von deinem Interviewpartner, wenn möglich ein Foto. Am besten ist es natürlich, wenn euch jemand beim Interview fotografiert.

Aus der Leserperspektive fragen
Es geht richtig los. Du stellst die Fragen. Damit führst du das Interview. Versetze dich in die Rolle des Lesers. Was interessiert sie an der Person, die du interviewen willst? Was hat diese Person in einer bestimmten Sache zu sagen? Überlege dir genau, worum es in dem Interview geht. Konkret stehen folgende Fragen im Mittelpunkt: Was soll mir mein Interviewpartner sagen? Welche Information erwarte ich von ihm?

Die Fragetechnik
Stelle einfache Fragen, die der Interviewpartner leicht beantworten kann, zuerst. So kommt das Gespräch in Gang. Welche Fragen eignen sich für ein Interview? Stelle, wenn möglich, offene Fragen. Das sind Fragen, auf die dein Gegenüber nicht einfach mit "ja" oder "nein" antworten kann, sondern ausführlich Stellung nehmen muss. Offene Fragen werden mit folgenden Fragewörtern eingeleitet: Wer, wo, was, wann, wie, warum, woher?

Notiere dir vorab die Fragen, die du deinem Interview-Partner stellen möchtest.

Ein Interview-Beispiel
Und so könnte dein Interview mit dem Trainer, der einen bekannten Handballspieler in den Verein eingeladen hat, ablaufen.

Vereinszeitung: Wie haben Sie es geschafft, (Name des Spielers) zu uns einzuladen?

Trainer: Das war eigentlich gar nicht so schwierig. Ich habe bei seinem Vater angerufen. Er ist ein unglaublich netter Mensch und ich weiß, dass er sich gern für andere engagiert. Der hat dann (Name des Spielers) Bescheid gegeben. Ein paar Tage später klingelte das Telefon, (Name des Spielers) war selbst an der Strippe.

Vereinszeitung: Wie gut kennen Sie (Name des Spielers)?

Trainer: Oh, ich kenne ihn schon lange. Sein Vater und ich, wir haben im selben Verein gespielt. Mit seinem Vater habe ich auch noch guten Kontakt.

Vereinszeitung: Die Trainer sind, so hört man immer wieder, ziemlich beunruhigt darüber, dass es im Training in letzter Zeit so hart zugeht. Was versprechen Sie sich von dem Besuch?

Trainer: Nun ja, (Name des Spielers) ist ja sehr bekannt. Er ist nicht nur ein Top-Handballer, sondern auch für sein faires Spiel bekannt. Ich hoffe ganz einfach, dass er mit seiner Art die Schüler beeindruckt und positiv beeinflusst.

Vereinszeitung: Wer kann an der Veranstaltung teilnehmen?

Trainer: Jeder, der möchte. Ihr seid alle herzlich eingeladen und ich hoffe, dass ganz viele kommen!

Vereinszeitung: Wann und wo findet die Diskussion statt?

Trainer: Am (Datum) um (Uhrzeit) in der großen Sporthalle. Der Direktor wird noch eine Durchsage herausgeben; ferner gibt's einige Tage ein Rundschreiben dazu.

Vereinszeitung: Herr (Name des Trainers), vielen Dank für das Gespräch.

Auswertung des Interviews
Interview gelungen? Hast du alle sechs wichtigen Fragen berücksichtigt?

Was passiert? Ein Handball-Star kommt in euren Verein.

Wer spielt bei dem Ereignis die Hauptrolle? Der Handballspieler (Name des Spielers).

Wo findet/fand das Ereignis statt? In der großen Turnhalle.

Wann findet/fand das Ereignis statt? Am (Datum).

Wie kam es überhaupt dazu? Euer Trainer (Name des Trainers) hat den Spieler eingeladen.

Jetzt fehlt nur noch die Antwort auf eine wichtige Frage: Warum besucht der Handballspieler die Jugendabteilung eures Vereins!

Diese Frage kannst du im Lauftext, der zwischen dem Vorspann und dem eigentlichen Interview steht, sehr gut beantworten.

Denke daran, dass…

… das Treffen für das Interview in einer entspannten Atmosphäre stattfindet. Organisiere einen Raum, wo ihr ungestört seid und sorge dafür, dass ihr etwas zu trinken habt.

… ein Foto von dem Interview bzw. dem Interviewpartner benötigst. Ideal ist es, wenn du eine Aufnahme bekommst, bei der du mit deinem Interviewpartner zu sehen bist.

… deinen Interview-Partner aus der Perspektive der Leser befragst. Was interessiert sie an ihm bzw. ihr?

… die Fragen, die du deinem Interviewpartner stellen möchtest, vorher auf einen Zettel notierst.

… das Interview vorher in Gedanken, mit einem Freund oder einer Freundin zur Probe durchspielst.

… du am Anfang einfache Fragen stellst, die das Gespräch in Gang bringen.

… du offene Fragen stellst und deshalb deine Fragen mit wer, wo, was, wann, wie, warum, woher einleitest.

Ein Interview aufbereiten

Super, das Interview ist im Kasten. Doch wie kommt es in die Zeitung? Der erste Schritt ist einfach: Du spielst die Aufnahme ab und schreibst die Fragen und tippst die Fragen und Antworten übersichtlich ab.

Ein Interview publizieren
Wie das Interview abdrucken? Es macht keinen guten Eindruck, wenn du den Text ohne einleitende Worte einfach so in die Vereinszeitung setzt. Weil du ja willst, dass es möglichst viele lesen, solltest du einen interessanten Einstieg wählen. Wahrscheinlich wissen viele gar nicht, dass einer eurer Trainer den bekannten Handball-Nationalspieler (Name des Spielers) persönlich kennt. Wenn du also diese Information an den Anfang stellst, hast du gute Chancen, dass nicht nur deine Mitschüler, sondern vielleicht auch ihre Eltern den Artikel lesen.

Interview-Vorspann - ein Beispiel
Wie kann so ein Vorspann aussehen? Zurück zu unserem Beispiel! So in etwa könnte der Vorspann zu dem Interview mit dem Handballer lauten:

"Der bekannte Handball-Nationalspieler (Name des Spielers) kommt in unseren Verein und diskutiert mit uns über Fairness im Sport. Unser Trainer, (Name des Trainers), der (Name des Spielers) schon seit seiner Kindheit kennt, hat ihn zu uns eingeladen."

Viele Journalisten schreiben ihre Texte mehrmals um, vor allem den Vorspann. Wenn man an einem Text arbeitet, um ihm den letzten Schliff zu geben, dann nennt man das "am Text feilen".



Einen Interview-Artikel schreiben

So, das Interview ist aufgenommen. Wie geht´s weiter?

Prüfe zunächst, ob du in deinem Text alle sechs Fragen - was, wo, wer, wann, wie, warum - beantwortet hast.

Dann formulierst du den Aufmacher-Text. Anschließend kommt der Lauftext, der zum Interview überleitet. Hier kannst du einen Standpunkt, den der Interviewpartner im Interview vertreten hat, aufgreifen und deinen Interviewpartner zitieren.

Wie sieht das in unserem Beispiel aus?

"(Name des Spielers) soll mit seinem Auftritt bei uns dazu beitragen, dass wir Handballer im Verein fairer miteinander umgehen. Das jedenfalls erhofft sich (Name des Trainers), unser Trainer."

Dann folgt die erste Frage.

Konkret könnte das Interview so aussehen:

Handball-Star diskutiert mit der Jugendabteilung

Der bekannte Handball-Nationalspieler (Name des Spielers) kommt in unseren Verein und diskutiert mit uns über Fairness im VereinssportSport. Unser Trainer, (Name des Trainers), der (Name des Spielers) als Kind bereits trainiert hat, hat ihn zu uns eingeladen.

(Name des Spielers) soll mit seinem Auftritt bei uns dazu beitragen, dass wir jungen Handballer fairer miteinander umgehen. Das jedenfalls erhofft sich (Name des Trainers), unser Trainer.

Vereinszeitung: Was versprechen Sie sich von dem Auftritt von (Name des Spielers) bei uns?

Trainer: Nun ja, (Name des Spielers) ist ja sehr bekannt. Er ist nicht nur ein Top-Handballer, sondern auch für sein faires Spiel bekannt. Ich hoffe ganz einfach, dass er mit seiner Art die jungen Handballspieler in unserem Verein beeindruckt und positiv beeinflusst.

Vereinszeitung: Wie haben Sie es geschafft, (Name des Spielers) zu uns einzuladen?

Trainer: Das war eigentlich gar nicht so schwierig. Ich habe bei seinem Vater angerufen. Er ist ein unglaublich netter Mensch und ich weiß, dass er sich gern für andere engagiert. Er hat dann (Name des Spielers) Bescheid gegeben. Ein paar Tage später klingelte das Telefon, (Name des Spielers) war selbst an der Strippe.

Vereinszeitung: Kennen Sie (Name des Spielers) vielleicht sogar persönlich?

Trainer: Oh, ich kenne ihn schon lange. Sein Vater und ich, wir haben im selben Verein gespielt. Mit seinem Vater habe ich auch noch guten Kontakt.

Vereinszeitung: Wer kann an der Veranstaltung teilnehmen?

Trainer: Jeder, der möchte. Ihr seid alle herzlich eingeladen und ich hoffe, dass ganz viele kommen!

Vereinszeitung: Wann und wo findet die Diskussion statt?

Trainer: Am (Datum) um (Uhrzeit) in der großen Sporthalle. Der Direktor wird noch eine Durchsage herausgeben; ferner gibt's einige Tage ein Rundschreiben dazu.

Vereinszeitung: Herr (Name des Trainers), vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview sprachlich überarbeiten
Stell dir vor, du interviewst einen Schüler, der bei einem großen Wettbewerb überraschend gewonnen hat. Auf die Frage, wie er sich als Sieger fühlt, antwortet er: "Total geile Sache, absolut irre. Es ist der absolute Oberhammer, einfach, ach, ich weiß gar nicht... " Nun ja, so spricht man im Überschwang der Gefühle. Niemand spricht eigentlich so, wie man schreibt. Du solltest also versuchen, diesen Gefühlsausbruch in Schriftsprache zu übertragen. Z.B. so: "Es ist ein Wahnsinnsgefühl, ich freue mich einfach riesig, ich kann das gar nicht beschreiben, so sehr freue ich mich."

Text-Kasten und Foto mit Bildunterschrift
Um dein Interview aufzulockern, ist es sinnvoll, ergänzende Informationen in einem Text-Kasten zu sammel. Wenn du z.B. einen bekannten Autor interviewst, kannst du die Titel seiner Bücher zusammen mit dem Erscheinungsdatum in einen solchen Kasten setzen. Bei dem Interview-Beispiel mit dem Handball-Spieler bietet es sich an, dass du seine Erfolge und die Vereine, für die er gespielt hat, in einer Übersicht auflistest.

Nicht zu vergessen das Foto: Formuliere eine passende Bildunterschrift. Für das Interview mit dem Trainer könntest du, falls du mit dem Trainer auf dem Foto zu sehen bist, folgende Bildunterschrift wählen: "Sind beide gespannt auf den Besuch des Handball-Stars - Trainer (Name des Trainers) im Gespräch mit unserer Redakteurin/unserem Redakteur (dein Name)."

Das Interview autorisieren lassen
Wahrscheinlich hat dein Trainer darum gebeten, dass er den Interview-Text von dir vorgelegt bekommt, bevor es in der Vereinszeitung abgedruckt wird. Musst du es ihm dann vorlegen? Ja. Ein Interview muss autorisiert werden, wenn der Interviewpartner es vor dem Gespräch verlangt hat.