Ein Nachtrag von Clarence
- Autor: Twain, Mark
Ich, Clarence, sehe es als meine Verpflichtung für ihn weiterzuschreiben. Leider war es ihm nicht mehr selbst möglich.
In Merlins Höhle waren ich, der Boss und zweiundfünfzig frische, aufgeweckte und gut ausgebildete Knaben. Wir schickten jede Nacht Kundschafter aus, die uns mit Neuigkeiten versorgen. Immer mehr Heere sammelten sich, auf allen Straßen waren Ritter unterwegs, gegen uns zu kämpfen. So hatten wir es erwartet. Wir würden ihre Reihen so lange lichten, bis nur noch das Volk übrig war, bereit für die Republik.
Da hatte sich der Boss leider verrechnet. Ende der Woche wurde uns klar, dass dem nicht so war. Das Volk hatte vielleicht einen Tag die Republik gefeiert, um dann wieder in ihre gewohnten Bahnen überzugehen. Adel und Kirche ließen sie zu einer Herde dummer Schafe zusammenschrumpfen.
Ja, man stelle sich vor - ganz England marschierte gegen uns und rief: "Tod der Republik!" Ganz England! Als die Angreifer vor unserer Höhle standen, erteilte der Boss uns den Befehl:
"An die Gewehre Männer! Eröffnet das Feuer!"
Unsere Geschütze brachten Tod und Verderben über unsere Angreifer und binnen weniger Minuten war unser Feldzug beendet und wir Vierundfünfzig waren die Herren Englands! Fünfundzwanzigtausend Mann lagen tot um uns herum.
Der Boss wollte die Höhle verlassen und nach den Verwundeten sehen. Ich versuchte energisch, ihn davon abzuhalten, aber sein Entschluss war gefasst. Der erste Verwundete, der uns um Hilfe bat, saß mit dem Rücken gegen einen toten Kameraden gelehnt.
Als sich der Boss über ihn beugte und mit ihm sprach, erkannte ihn der Ritter und versetzte ihm einen Dolchstich. Wir trugen den Boss zur Höhle zurück und versorgten seine Wunde, die nicht sehr schwer war. Dabei half uns Merlin, ohne dass wir es wussten.
Er hatte sich als alte Bäuerin verkleidet und angeboten, für uns zu kochen. Dem Boss ging es von Tag zu Tag besser. Aber wir waren in der Falle. Vor unserer Höhle verpesteten die Leichen die Luft, sodass unsere Männer, mitsamt mir, nach und nach krank wurden. Weder der Boss noch ich waren in der Lage, unser selbst gewähltes Gefängnis zu verlassen.
Eines Nachts erwachte ich um Mitternacht und sah, wie die Alte über Kopf und Gesicht des Bosses in der Luft sonderbare Zeichen machte. Ich wunderte mich, was das zu bedeuten hätte. Die Frau hörte mit ihren geheimnisvollen Torheiten auf und schlich auf Zehenspitzen zur Tür. Ich rief sie an:
"Halt! Was hast du getan?"
Sie blieb stehen und sagte im Ton boshafter Befriedigung:
"Ihr dachtet ihr seid die Sieger - doch nun seid ihr besiegt! Die Knaben siechen dahin - dir wird es genauso ergehen. Und er - schläft nun und wird dreizehn Jahrhunderte schlafen. Ich bin Merlin!"
Mit diesen Worten erfasste ihn ein albernes Gekicher und er schwankte wie ein Betrunkener. Dabei berührte er einen unserer Drähte, die unter Strom standen. Sein Mund steht weit offen - man könnte meinen, er lache noch immer und vermutlich wird er das tun, bis seine Leiche zu Staub zerfallen ist.
Der Boss hat sich noch nicht gerührt - er schläft wie ein Toter. Wir werden seinen Körper zu einem abgelegenen Winkel der Höhle tragen, wo ihn keiner jemals finden und entheiligen kann. Wir Übrigen haben beschlossen, dass derjenige, der diesen Ort lebendig verlässt, alles aufschreibt und das Manuskript getreulich neben dem Boss verbergen soll, dessen Eigentum es ist, sei er nun lebendig oder tot.
Ende des Manuskripts!
Der Morgen dämmerte bereits, als ich das Manuskript aus der Hand legte. Ich ging zum Zimmer des Fremden und horchte an der Tür. Der Mann lag auf dem Rücken im Bett und sprach unzusammenhängend, aber lebhaft fuchtelnd.
"Ach Sandy, wache bei mir - verlasse mich nicht. Wie geht es unserem Kind? Ein Horn! Es ist der König. Schnell - besetzt die Zinnen "