Die drei Sprachen
Es lebte einmal ein alter Graf. Sein einziger Sohn hieß Jakob, und der hatte es nicht leicht mit dem Lernen. Eines Tages sprach der Vater zu ihm: "Höre, mein Sohn! Es gelingt mir einfach nicht, etwas Gescheites in deinen Kopf zu bringen. Darum werde ich dich zu einem berühmten Meister schicken, er soll es mit dir versuchen."
So gelangte Jakob in eine große Stadt und blieb ein ganzes Jahr bei dem berühmten Meister. Dann kehrte er nach Hause zurück, wo der Vater schon ungeduldig wartete. Kaum war Jakob eingetreten, fragte der Graf: "Nun, mein Sohn, was hast du alles gelernt?" "Vater", erwiderte Jakob, "ich weiß jetzt, was die Frösche quaken." Der Graf schnappte nach Luft und rief: "Gott erbarme dich! Ist das alles, was du gelernt hast? Für solch einen Unsinn habe ich dich nicht in die Fremde geschickt und teures Geld bezahlt. Es scheint mir, ich muss dich zu einem besseren Meister schicken." Und so geschah es.
Jakob machte sich also zu seinem neuen Meister auf und blieb dort ein ganzes langes Jahr. Als er wieder nach Hause kam, empfing ihn der Graf mit offenen Armen und sprach: "Mein Sohn, sicher hast eine Menge gelernt?" Jakob antwortete: "Lieber Vater, ich weiß jetzt, was die Hunde sagen, wenn sie sich gegenseitig anbellen." Der Kopf des Grafen wurde rot vor Zorn und er sprach mit drohender Stimme: "Oh, was bist du doch für ein Taugenichts. Du hast die kostbare Zeit sinnlos verplempert. Aber ich will es noch einmal mit dir versuchen, wenn du versprichst, mit Ernst und Eifer zu lernen."
§28 |
Alle Kinder haben das Recht, das zu lernen, was sie wollen und was sie können! Jedes Kind soll zur Schule gehen dürfen und so viel lernen, wie es kann. Die Grundschule soll kostenlos sein, damit auch die Kinder von armen Eltern etwas lernen können. Die Lehrer müssen sich darum kümmern, dass die Kinder Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Außerdem sollen die Kinder erfahren, dass Frieden besser ist als Krieg, und dass der Schutz der Umwelt lebenswichtig ist. Der alte Graf ist sehr ungerecht zu seinem Sohn. Stell dir vor, du würdest verstehen, was die Frösche quaken. Das wäre doch fantastisch! |
Jakob versprach es und musste erneut ein ganzes Jahr bei einem Meister verbringen. Kaum war er wieder zu Hause angelangt, da fragte der Graf aufs Neue: "Mein Sohn, was hast du dieses Mal gelernt?" Jakob antwortete: "Lieber Vater, ich weiß jetzt, was die Vögel singen." Da fing der Graf zornig an zu toben und rief: "Oh, du gottloser Mensch! Du bist nicht mehr mein Sohn, und ich verstoße dich. Gehe hinaus in den Wald und hüte das Vieh. So lernst du wenigstens, was ehrliche Arbeit ist."
Jakob gehorchte traurig seinem Vater. Als er nun Tag für Tag bei der Herde saß, verspürte er schon bald große Langeweile. Da kamen zwei fremde Burschen daher, die Jakob freundlich grüßten. Sie erzählten ihm, dass sie auf Wanderschaft wären, um in der großen weiten Welt ihr Glück zu machen. "Ach, nehmt mich doch mit", bat Jakob, "ich will auch ein guter Kamerad für euch sein." Die beiden Burschen waren einverstanden.
So zogen sie zu Dritt auf einem Weg entlang, der durch einen Sumpf führte. Dort saßen lauter grüne Frösche im Gras, und quakten aufgeregt durcheinander. Jakob horchte, was die Tierchen sagten. Dann fragte er seine Kameraden: "Freunde, wisst ihr, was die Frösche quaken?" "Dumme Frage", antworteten sie, "wer soll das denn wissen?" "Ha", rief Jakob, "ich weiß es! Sie sagen, dass im nächsten Dorf eine kranke Frau zu Bette liegt. Einer von den Fröschen hat sogar ein Kraut im Maul, das die Krankheit vertreiben kann. Ohne dieses Kraut wird die Frau sicher sterben."
Die beiden Kameraden lachten nur über Jakob und glaubten ihm kein Wort. Doch Jakob griff sich den Frosch mit dem Kraut, und steckte die Blätter in seine Tasche. Als sie nun in das Dorf kamen, war es so, wie Jakob es gesagt hatte. Niemand konnte der Kranken Frau helfen. Da nahm Jakob das Kraut aus seiner Tasche, und gab es der Frau gemischt mit etwas Brei.
Schon am nächsten Tag stand die Frau wieder von ihrem Lager auf und dankte ihrem Retter. Dann fragte sie, was Jakob für die gute Medizin bekommen wollte. "Oh, ich habe es gerne getan" sprach er. "Der liebe Gott wird es mir schon vergelten." Die Frau duldete aber keine Widerrede und schenkte ihm ein Sack voller Gold.
Schon bald machte sich Jakob mit den Kameraden wieder auf den Weg. Die waren jetzt aber neidisch geworden und verlangten alleine weiterzuziehen. Traurig setzte sich Jakob unter einen alten Baum und gönnte sich eine Ruhepause. Als die Sonne dann schon tiefer stand, wanderte er mit frischem Mut weiter.
Am Abend gelangte er zu den Toren einer Burg und bat dort um ein Nachtlager. Der Burgherr schaute ihn ziemlich finster an und sprach: "Wenn du da unten in dem alten Turm übernachten willst, so hast du meinen Segen. Aber sei gewarnt, dort hausen blutgierige Hunde. Sie bellen und heulen in einem fort und zerreißen jeden, der ihnen zu nahe kommt. Noch vor wenigen Stunden haben sie zwei Wanderburschen angefallen und bis auf die Knochen abgenagt." Jakob wusste gleich, wer gemeint war. Es waren seine beiden neidischen Kameraden.
Jakob aber sprach zu dem Burgherrn: "Lasst mich ruhig zu den wilden Hunden gehen. Gebt mir nur ein Stück Brot, damit ich den Hunden etwas vorwerfen kann. Sie werden mir schon nichts tun." Der Burgherr gab ihm das Brot und brachte ihn zum Turm. Als Jakob über die Schwelle trat, bellten die schwarzen Hunde ganz freundlich und wedelten mit ihren Schwänzen. Er warf ihnen ein paar Brotstückchen hin, und verbrachte die Nacht im Turm.
Als der Burgherr am nächsten Morgen die Tore öffnete, stand Jakob munter und unverletzt vor ihm. Er sprach: "Die Hunde haben erzählt, warum sie den Turm so blutig bewachen. Sie sind verwunschen und müssen einen großen Schatz behüten, der unten im Turm vergraben ist. Dieser Schatz muss erst gehoben werden, damit die Hunde ihre Erlösung erlangen."
Der Burgherr überlegte nicht lange und gab Jakob die Erlaubnis, nach dem Schatz zu suchen. Da stieg Jakob in den tiefen Turm hinab und fand unter dem Boden eine Truhe mit kostbaren Edelsteinen. Die Truhe brachte er dem Burgherrn, worauf das wilde Geheul der schwarzen Hunde für immer verstummte. Der Burgherr dankte Jakob für seine mutige Tat und gab ihm ein Hand voller Edelsteine. Dann machte Jakob sich wieder auf die Reise.
Am dritten Tage hatte er unter einem Nussbaum einen Traum, der ihm sagte, er müsse jetzt nach Rom gehen. Als er aufwachte, hörte er oben im Baum die Vöglein singen. Jakob horchte lange und vernahm, was sie sich erzählten.
Nach langer Wanderung kam er endlich nach Rom, in die ewige Stadt. Dort war gerade der heilige Vater gestorben. Die Kardinäle waren ratlos, wen sie als Nachfolger wählen sollten. Nach langer Überlegung fassten sie endlich einen Entschluss. Sie wollten denjenigen zum Papst machen, der sich durch ein göttliches Wunder offenbarte.
Die Kardinäle waren noch alle in der Kirche versammelt, als Jakob neugierig durch das offene Tor trat. Da flogen plötzlich zwei weiße Tauben herbei und setzen sich auf seine beiden Schultern. Die Kardinäle knieten nieder, denn das war zweifellos ein göttliches Zeichen. Dann erhoben sie sich wieder und fragten Jakob feierlich, ob er Papst werden wolle. Jakob zweifelte noch, ob er dieses hohe Amt wohl annehmen könne. Aber die Tauben gurrten: "Tu es! Tu es!" Da willigte Jakob ein. Und so erfüllte sich, was sich die Vöglein am Nussbaume erzählt hatten.
Schon bald musste Jakob die erste Messe singen, doch er wusste nicht die rechten Worte. Zum seinem Glück saßen aber immer die Tauben auf seinen Schultern und flüsterten ihm alles ins Ohr.