Der starke Zwerg auf dem Kyffhäuser
- Autor: Autor Unbekannt
Vor vielen Jahren lebte in dem Örtchen Sondershausen einmal ein Müller, der den Namen Lou trug. Er war groß und kräftig wie ein Bär und hatte seine Mühle, die Wippermühle, von der Stadt gepachtet. In seinen Jugendjahren war der Müller sogar beim Militär gewesen und hatte dort bei den langen Grenadieren gedient.
Eines Tages nun musste der Müller zum Kyffhäuser fahren, um dort einen neuen Mühlstein abzuholen. Er machte den Wagen fertig und wies seinen Gesellen an, ihn zu begleiten. Als sie am Fuße des Kyffhäusers angekommen waren, das sagte der Müller zu seinem Gesellen, dass er nun zu Fuß hinaufgehen würde, der Geselle aber mit dem Fuhrwerk hochfahren solle.
Die Sonne war schon untergegangen, als der Müller endlich oben am Kyffhäuser ankam. Plötzlich sah er, wie ein dicker und stämmiger Zwerg hinter dem Turm den Berg hinauf stiefelte. Der kam nun direkt auf ihn zu und forderte den Müller auf, ihn zu einer Höhle zu begleiten. Weil der Müller ein höflicher Mensch war, ging er mit. Nun aber verlangte der Zwerg, der kaum größer als ein Dachs war, dass sich der Müller in die Höhle hineinarbeiten und einen Stein herausholen solle, der beiden dann Glück bringen würde.
Der Müller aber hatte keine Lust dazu, dem Zwerg zu helfen. Da wurde dieser ziemlich böse und begann ganz fürchterlich zu schimpfen. Doch das wollte sich der Müller nun beim besten Willen nicht gefallen lassen und gab dem Zwerg eine schallende Ohrfeige. Nun wurde dieser noch böser und hängte sich einem Bleiklumpen gleich dem Müller an den Hals und warf ihn anschließend auf die Erde. Die Rippen des Müllers krachten und er schaffte es kaum, sich gegen diesen Zwerg zu wehren.
Kaum hatte der Müller einmal die Oberhand gewonnen, da wurde er von dem Zwerg auch schon wieder in die Kneifzange genommen, so dass er aufschreien musste. Nein, so eine Rauferei hatte der Müller beim besten Willen noch nicht erlebt! Nur gut, dass der Müllergeselle nach einer Zeit auch mit dem Fuhrwerk oben am Kyffhäuser ankam.
Als der Geselle sah, in welch misslicher Lage sich der Müller befand, da nahm er einen Knüppel zur Hand und schlug auf den Zwerg ein. Erst da ließ dieser vom Müller ab und verschwand wie ein Regenwurm in einem Loch in der Erde, das winzig klein war. Der Müller aber war am ganzen Leib grün und blau und ärgerte sich natürlich mächtig, dass er solche Schwierigkeiten gehabt hatte, sich gegen einen so kleinen Zwerg durchzusetzen. Doch was sollte er machen?
Also lud er kurzerhand gemeinsam mit seinem Gesellen den Mühlstein auf sein Fuhrwerk und fuhr zurück zur Wippermühle. Den starken Zwerg aber niemand je mehr gesehen.