Der Einbruch
- Autor: Dumas, Alexander
Andrea Cavalcanti, oder eigentlich Benedetto, kehrte, von Danglars kommend, beschwingt in seine Wohnung zurück. Er war am Ziel seiner Wünsche. Bald war Eugenie seine Frau. Daheim erhielt er eine versiegelte Nachricht. Sie stellte sich als Botschaft von Caderousse heraus, der ihn sprechen wollte.
Benedetto lieh sich von seinem Diener Kleidung und saß am nächsten Morgen getarnt in Caderousses Zimmer, im Hinterhof eines Mietshauses.
Caderousse verlangte eine höhere Rente: "Danglars war ein Freund von mir", erklärte er unumwunden. "Ich kann ihn jederzeit besuchen und mit ihm über dich reden. Wenn er nicht so ein schlechtes Gewissen hätte, müsste er mich zur Hochzeit seiner Tochter einladen, so wie er damals Gast auf meiner Hochzeit gewesen ist. Und ebenfalls auf der von Fernand Montego mit der schönen Mercedes. Du siehst, ich habe einflussreiche Bekanntschaften "
Benedetto überlegte, und kam zu dem Schluss, dass es klug wäre, auf die Forderungen einzugehen.
Danach kamen sie auf den Grafen von Monte Christo zu sprechen. Benedetto ließ sich von seiner Eitelkeit hinreißen: Er behauptete, der Graf sei sein Vater, dessen unermessliches Vermögen er einmal erben werde. Die Schilderungen über das prachtvoll eingerichtete Haus, machten Caderousse neugierig und er forderte Benedetto auf, einen genauen Plan anzufertigen: Den Hof, den Garten, das Erdgeschoss, die Wohnung der Diener: "Übrigens", sagte Benedetto, "der Graf beabsichtigt, morgen nach Auteuil zu reisen."
"Und du wirst ihn begleiten?"
"Ja, denn ich bin bei dem Grafen wie zu Hause!"
Mehr wollte Caderousse nicht wissen. Sie trennten sich, doch nicht ohne dass Benedetto noch von seiner Mitgift schwärmte.
"Wie viel?"
"Mindestens eine Million!"
Caderousse blieb an seinem Fenster stehen, bis Benedetto durch den Hof gegangen war. Dann schloss er seine Tür sorgfältig und begann, den Plan des Hauses zu studieren.
Am nächsten Tag begab sich der Graf von Monte Christo wirklich mit mehreren Dienern und Pferden nach Auteuil. Doch er wurde, dort angekommen, durch ein Schreiben gewarnt, dass jemand versuche, in sein Haus in Paris einzubrechen.
Daher kehrte er nach Paris zurück und zog ein Kettenhemd unter seine Verkleidung als Abbé Busoni. So legte er sich auf die Lauer. Um Mitternacht vernahm er das Geräusch von splitterndem Glas und wenig später blickte er in ein erschrockenes Gesicht. "Ei, guten Abend mein lieber Caderousse", sprach der Graf, "was in Gottes Namen haben Sie hier zu suchen?"
"Der Abbé Busoni!", rief Caderousse.
"Allerdings, der bin ich, in Person. Sie scheinen ein gutes Gedächtnis zu haben, wenn ich mich nicht irre, sind es bald zehn Jahre her, seit wir uns das letzte mal begegnet sind."
"Der Abbé!", murmelte er, während seine Zähne klapperten und seine Hände sich krampfhaft zusammenzogen.
"Wir wollen also den Grafen von Monte Christo bestehlen?", fuhr der vermeintliche Abbé fort. "Ich sehe, Sie sind immer noch derselbe. Sind sie von der Galeere geflohen?"
"Mein Herr Abbé, jemand hat mich und meinen Kettennachbarn befreit. Ein Engländer namens Wilmore."
"Ich kenne diesen Herrn und werde erfahren, ob Sie lügen. Dieser Engländer beschützte Sie?"
"Nicht mich, sondern Benedetto, er war ein junger Korse, ein Findelkind. Von seinem Geld habe ich seit meiner Flucht gelebt."
"Sie haben vom Geld gelebt, das er Ihnen gegeben hat?", fragte der Abbé.
"Ja, er ist der Sohn eines überaus reichen Herrn - der leibliche Sohn."
"Wie heißt dieser vornehme Herr?"
"Graf von Monte Christo, derselbe, bei dem wir hier sind."
"Welchen Namen führt dieser junge Mann?"
"Er nennt sich Andrea Cavalcanti und wird bald die Tochter des Barons Danglars heiraten."
Als der Abbé damit drohte, Herrn Danglars, zu warnen, überfiel Caderousse der Zorn, er zog ein blankes Messer und stach zu. Zu seinem Erstaunen sprang der Dolch, statt in die Brust des Grafen zu dringen, stumpf ab. Da er nun wusste, dass ihm die Guillotine drohte, flehte er um Gnade. Sie wurde ihm gewährt, er musste aber folgende Erklärung schreiben:
"Herr Danglars, der Mann, mit dem Sie Ihre Tochter Eugenie verheiraten wollen, ist ein mit mir von der Galeere entwichener Straftäter. Er heißt Benedetto."
"Und nun geh", herrschte ihn der Graf in der Maske des Abbés an. "Verlasse Paris. Ich vermache dir eine kleine Pension, mit der du überall leben kannst."
Caderousse entwich durch dasselbe Fenster, durch das er gekommen war. Jedoch unter der Mauer, auf der stockfinsteren Straße, wurde er erwartet. Ein Stahl drang in seine Brust. Er stürzte zu Boden, der Täter konnte fliehen. "Mörder! Ich sterbe! Zu Hilfe!", rief er noch.
Der Abbé kam und schleppte den tödlich verletzten ins Haus.
"Du kennst den Mörder?", fragte er.
"Es war Benedetto!"
"So schreibe: Ich sterbe durch die Hand meines Kettengenossen Benedetto!"
Als Caderousse dies unterzeichnet hatte, fiel er kraftlos zurück. Dabei murmelte er: "Wer sind Sie? Ich glaube, dass ich Sie schon einmal gesehen habe! Wenn es nicht diese schwarzen Haare wären, würde ich sagen, Sie sind Lord Wilmore."
"Ich bin weder der Abbé Busoni, noch Lord Wilmore", sprach Monte Christo; "schaue genauer hin, schaue in deine Erinnerungen. Denke an Marseille, denke an die Schenke "Zum Silbernen Fisch". Ich bin Edmond Dantes!"
"Oh, du mein Gott!", schrie Caderousse, indem er versuchte, sich auf die Knie zu erheben. "Vergib mir, vergib mir!" Dann hauchte er sein Leben aus. Er war tot.
"Der Erste!", murmelte der Graf mit grimmigem Lächeln zu sich selbst.