Baron von Münchhausen

  • Autor: Bürger, Gottfried August
Baron von Münchhausen

1. Das Pferd auf dem Kirchdach
2. Der Schlittenwolf
3. Das Feuerwerk des Generals
4. Meine Erlebnisse bei der Entenjagd
5. Der nackte Fuchs und die Wildschweine
6. Der Hirsch mit dem Kirschbaum
7. Eine ungewöhnliche Hasenjagd
8. Der beste Freund des Menschen
9. Mein Wunderpferd aus Litauen
10. Das tanzende Pferd
11. Der "geteilte" Gaul
12. Mein Ritt auf der Kanonenkugel
13. Mein Sprung durch die Kutsche
14. Als ich mich einmal selbst aus dem Sumpf befreite
15. Meine erste Mondreise
16. Mit Schwung zurück zur Erde
17. Die Bärenfalle
18. Das eingefrorene Posthorn
19. Der schnelle Läufer
20. Der Horcher und der Jäger
21. Der starke Mann und ein "Sturmbereiter"
22. Die Wette
23. Die leere Schatzkammer
24. Die Suche nach dem Land der Riesen
25. Die "kochenden Geschöpfe"

 

 

1. Das Pferd auf dem Kirchdach

Es war ein eiskalter Winter, als ich die erste Reise nach Russland antrat. Dass ich mir ausgerechnet diese Jahreszeit ausgesucht hatte, hatte einen ziemlich simplen Grund: Im Winter sind die sonst matschigen Straßen in dieser Region einfach besser zu bereisen, weil der Untergrund gefroren und fest ist. Natürlich ritt ich auf meinem guten alten Pferd, denn wer möchte im Winter eine so weite Strecke schon zu Fuß zurücklegen.

Bevor ich meine Geschichte erzähle, möchte ich euch noch einen guten Rat mit auf den Weg geben: Wenn ihr irgendwann einmal im Winter nach Russland reisen möchtet, dann zieht euch verdammt warm an. Es war nämlich fürchterlich kalt dort und ich hatte nicht die passende Kleidung für diese Reise ausgewählt. So musste ich frierend Stunde um Stunde reiten und konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen.

Je länger ich aber ritt, desto dunkler wurde es. Nirgendwo war ein Licht zu sehen, nur noch öde weiße Schneelandschaft war um mich herum. Ich war so entsetzlich müde geworden und wollte einfach nur noch schlafen. Irgendwann entdeckte ich mitten im Schnee ein gemütliches Plätzchen, band mein Pferd an einem Ast an und legte mich hin. Ich schlief tief und fest in dieser Nacht - und habe wahrscheinlich wohlig geschnarcht.

Dann aber passierte etwas, dass werdet ihr sicher nicht glauben! Denn als ich am nächsten Morgen ausgeruht aufwachte, da lag ich doch tatsächlich mitten auf einem Friedhof. Stellt euch das nur einmal vor! Quicklebendig an einem solchen Ort! Außerdem war weit und breit kein Schnee mehr zu sehen. Doch meine Sorge um mich selbst war jetzt klein. Ich hatte nur noch einen Gedanken: Wo ist mein Pferd? Plötzlich hörte ich ein Wiehern, blickte empor. Da hing es, mein Pferd, kopfüber an einer Kirchturmspitze.

Nun wusste ich auch, was passiert war. Nachts war der Schnee nach und nach weggeschmolzen und ich war sanft wie auf Engelsflügel zur Erde geglitten. Der Ast, an dem ich mein Pferd am Abend festgebunden hatte, war der Kirchturm des Dorfes gewesen, in dem ich mich nun befand. Ich musste nun nicht mehr lange überlegen, was ich als Nächstes tun wollte, zog meine Pistolen, die ich bei längeren Reisen immer bei mir führe, legte an, zielte und traf das Halfter des Pferdes. Augenblicklich stand mein guter alter Gaul gesund und munter neben mir. Ich schwang mich auf seinen Rücken und schon ging die Reise weiter.

 

 

 

2. Der Schlittenwolf

Im tiefsten Winter reiste ich einst durch Russland. Nun könnt ihr euch sicher fortstellen, dass man bei Schnee und Eis mit einem Pferd nicht allzu schnell unterwegs ist. Kurzerhand besorgte ich mir also einen Pferdeschlitten und spannte meinen alten Gaul ein.

Juchhe, nun ging es in rasendem Tempo durchs Land. Als ich mich aber irgendwann einmal umschaute, da bemerkte ich, dass mir und meinem Pferd ein Wolf auf den Fersen war. Ein echter Wolf, und nirgendwo ein Mensch, der mir helfen konnte!

Das Tier war riesig. Bald hatte der Wolf mich und meinen vierbeinigen Weggefährten eingeholt. Jetzt gab es kein Entrinnen mehr. Ich schaffte es gerade noch mich zu ducken, da hatte sich der graue Räuber auch schon nach einem mächtigen Sprung über den Schlitten im Hinterteil meines Pferdes verbissen und ließ nicht mehr los.

Ich selbst war ihm als Beute wohl zu mager gewesen. Dafür aber schien ihm mein Pferd um so besser zu schmecken, denn er schmatze nicht schlecht bei seiner Mahlzeit. Weil ich wusste, dass der Wolf gut beschäftigt war, traute ich mich nun auch wieder aus der Versenkung aufzutauchen. Ich ergriff meine Peitsche und drosch mächtig auf das Hinterteil des Wolfes ein. Den schien das weiter nicht zu stören, denn er hob nicht einmal seinen Kopf, sondern fraß mehr und mehr mein Pferd auf. So weit, bis er schließlich seinen Kopf durch das Geschirr des Pferdes stecken konnte. Den Gaul hatte er zu diesem Zeitpunkt mit Haut und Haaren verspeist.

Ich peitschte und peitschte weiter auf das Tier ein, das nun an Stelle meines Pferdes den Schlitten zog. Und siehe da, der Wolf kam immer mehr in Fahrt, wurde schneller und schneller. In kürzester Zeit hatten wir St. Petersburg erreicht. Auf den Straßen aber blieben die Menschen stehen, um diesem ungewöhnlichen Gespannen mit offenem Mund nachzustarren.

 

 

 

3. Das Feuerwerk des Generals

Petersburg ist eine wundervolle Stadt, in der man ganz besondere Menschen trifft. Ein solcher war auch der alte General, den ich bei einem meiner Trinkgelage kennen lernte. Ein grauer Spitzbart umrahmte sein kupferrotes Gesicht, aus dem der Glanz unzähliger geistreicher Getränkeflaschen strahlte, die er im Laufe seines Lebens geleert hatte.

Mein neuer Freund hatte nur eine Unart: Am Tisch behielt er stets seinen Hut auf, und das ist wahrlich keine feine Sitte. Aber er entschuldigte sich mehrmals dafür, sagte, er habe im Krieg eine Verwundung erlitten. Und schon schenkte er sich dabei ein weiteres Glas Wodka ein. Denn eines muss man wirklich sagen: Der Mann konnte trinken wie ein Pferd. Hier eine Flasche Weinbrand, dort eine Karaffe Rum - seine Trunkenheit aber merkte man ihm nie an.

Da ich ein aufmerksamer Beobachter bin, war mir bei all diesen Feiern nicht entgangen, dass der General hin und wieder einmal seinen Hut lupfte. Ganz kurz, so dass man es kaum sehen konnte. Und nun wusste ich um sein Geheimnis: Er entließ jedes Mal dabei eine Alkoholwolke aus seinem Kopf.

Das wollt ihr mir nicht glauben? Ich habe dafür sogar den Beweis erbracht. Denn eines Tages, wir saßen wieder einmal mit mehreren Freunden zu einem Trinkgelage zusammen, da stellt ich mich hinter den General. Als er seinen Hut lüftete, entzündete ich ein Streichholz, hielt es an die Dunstwolke, die aus dem Kopf des Mannes emporstieg, und siehe da, es sprühten Funken und ein wahres Feuerwerk entzündete sich über seinem Haupt. Das war lustig anzusehen, auch der alte General hatte seine wahre Freude daran. Immer wieder bat er darum, das Experiment zu wiederholen. Ich kann euch versichern, dass es ein ziemlich fröhlicher Abend wurde.

 

 

 

4. Meine Erlebnisse bei der Entenjagd

Es versteht sich fast von selbst, dass ein Mensch meines Schlages gerne zur Jagd geht. Und so geschah es eines Morgens, dass ich aus meinem Fenster blickte und auf dem Teich vor dem Haus eine ganz Schar Wildenten entdeckte, die meinen Jagdinstinkt sofort heraufbeschworen. Was aber sollte ich tun: Wenn ich eine Ente schoss, dann würden die anderen zwangsläufig das Weite suchen. Da kam mir eine Idee: Ich nahm eine sehr lange Schnur und fädelte ein Stück Schinkenspeck auf, das ich mir vom Frühstück aufgehoben hatte.

Nun ging ich nach unten, versteckte mich im Schilf und warf die mit dem Leckerbissen versehene Schnur aus. Schon sah die erste Ente den Speck und schluckte ihn begierig herunter. Es dauerte aber gar nicht lange, da kam der Speck samt Faden hinten wieder heraus, denn er war glatt und schlüpfrig und wollte so gar nicht im Magen der Ente bleiben. Dies genau war mein Glück!

Denn schon stürzte sich die nächste Ente auf den leckeren Brocken und verschlang ihn. Und auch sie schied ihn mitsamt dem Faden wieder aus. So ging es weiter, bis diese Köstlichkeit schließlich durch alle Entenmägen gewandert war. Weil der Speck aber an einem Faden befestigt war, hing meine Jagdbeute nun fein aufgefädelt an besagter Schnur. Ich zog die Enten aus dem Wasser, band mir den Faden um den Körper und ging nach Hause.

Doch mit jedem Schritt wurden mir die Tiere schwer und schwerer. Auch den Enten schien die Lage nicht zu gefallen, denn plötzlich begannen sie aufgeregt mit den Flügeln zu schlagen und ehe ich mich versah, erhob ich mich mit ihnen in die Lüfte. Das war eine Reise kann ich euch sagen!

Natürlich wollten die Enten zurück auf den See. Mit meiner weiten Jacke aber gelang es mir, dem Flug die richtige Richtung zu geben und so steuerten wir geradewegs auf meine Behausung zurück.

Wie aber sollte ich die Enten nun zur Landung bringen? Ich überlegte lange, doch es blieb mir nichts anderes übrig, als einer Ente nach der anderen den Hals umzudrehen. Immer niedriger sanken wir aus den Lüften herab. Mit dem letzten Tier kam ich gerade noch über dem Schornstein meines Hauses an, glitt schließlich sachte durch den Schlot hinunter und - siehe da - landete mit meiner nun endgültig erlegten Jagdbeute mitten auf dem Herd unseres Kochs.

Gott sei Dank hatte er das Feuer im Ofen noch nicht entzündet, denn sonst hätte es statt Entenbrust wohl gerösteten Münchhausen gegeben!

 

 

 

5. Der nackte Fuchs und die Wildschweine

Jagderlebnisse kann ich euch so viele erzählen wie ihr nur mögt! So kam ich eines Tages beispielsweise zu einem ganz besonderen Kleidungsstück, als mir im Wald ein Fuchs begegnete, der einen ganz außergewöhnlich schönen Pelz trug. Ich lockte ihn, schlug ihn dann mit einem Nagel, den ich rein zufällig bei mir trug, an den Baum und haute so lange auf den Fuchs ein, bis er mir sein Fell freiwillig abtrat. Bis heute noch läuft er nackt und ohne Pelz in der Gegend herum. Wenn ihr eines Tages bei einem Spaziergang also einen nackten Fuchs seht, dann wisst ihr nun, warum dies so ist.

Aber nicht immer ist mir bei der Jagd das Glück beschieden. Einmal traf ich im Wald eine Bache mit ihren Frischlingen an. Ein schöner Sonntagsbraten, dachte ich, doch mein Schuss ging daneben! Die Frischlinge stoben auseinander - in alle Himmelsrichtungen, aber die Bache blieb wie angewurzelt stehen. Vorsichtig schlich ich mich an. Man weiß ja nie, was so ein wildes Tier im Schilde führt!

Doch dieses Wildschwein regte sich nicht. Bei näherer Untersuchung stellte ich dann fest, dass die Bache blind war und sich nur mit Hilfe ihrer Kinder fortbewegen konnte. Dazu nahm sie das Ringelschwänzchen eines kleinen Schweinchens in ihr Maul und ließ sich so durch die Wälder führen. Mein Schuss hatte nun aber genau diese Leitschnur zerrissen, ein kleines Stück davon hatte das große Wildschwein noch im Maul. Dieses ergriff ich nun - und konnte die Sau ohne weiteren Widerstand bis nach Hause führen.

 

 

 

6. Der Hirsch mit dem Kirschbaum

Manche Dinge, die ich erlebt habe, sind so unwahrscheinlich, dass man sie kaum glauben mag, aber sie sind wirklich wahr. Einmal ging ich auf die Pirsch und begegnete tatsächlich einem ziemlich kapitalen Hirsch, der schon einige Jahre auf dem Buckel hatte. Mein Pech war nur, dass ich meine letzte Kugel bereits verschossen hatte, so dass ich nun keine Jagdbeute mehr erlegen konnte. Das schien auch der Hirsch zu ahnen, denn er lachte mir frechweg ins Gesicht!

So eine Unverschämtheit, murmelte ich vor mich hin und kramte aus meiner Jackentasche ein paar Kirschkerne hervor. Die stopfte ich in mein Gewehr, gab noch ein wenig Zündpulver dazu und legte auf den Hirsch an. Mein Geschoss aber konnte wenig ausrichten! Das Tier taumelt zwar kurz, machte sich dann aber kurzerhand aus dem Staub.

 

 

 

7. Eine ungewöhnliche Hasenjagd

Manchmal kann man es kaum fassen, was für komische Geschöpfe es auf der Welt gibt. So begab ich mich hin und wieder auch auf Hasenjagd. Manchmal ging die Jagd schnell vorbei, ein ander Mal aber musste ich einen Hasen sogar volle zwei Tage jagen - und kam dabei kein einziges Mal zum Schuss. Das Tier wurde und wurde einfach nicht müde, ich selbst aber war der Erschöpfung nahe. Kurz bevor ich aufgeben wollte, hatte ich das Jagdglück dann doch noch auf meiner Seite. Ich erlegte das Tier und mein treuer Hund apportierte es.

Und was glaubt ihr wohl, was ich dann sah?! Einen Hasen mit achten Pfoten: Zwei Vorder- und zwei Hinterläufe befanden sich am Bauch, zwei weitere Vorder- und Hinterläufe am Rücken des Tieres. Waren die zwei Paar auf dem Bauch zu müde um weiterzulaufen, ließ sich der Hase einfach auf den Rücken fallen und die beiden anderen Beinpaare übernahmen nun die Arbeit.

 

 

 

8. Der beste Freund des Menschen

Ach ja, von meinem Hund sollte ich euch auch noch erzählen. Er war ein Windhund und ungemein schnell. Er konnte so ausdauernd laufen, dass er sich im Laufe seines Lebens seine Beine quasi unter dem Bauch weglief, denn die wurden von Jagd zu Jagd kürzer. Irgendwann hatte Diana, so hieß mein Hund, das Aussehen eines Dackels erlangt, blieb aber immer mein treuer Gefährte.

Bei einer Hühnerjagd blieb sie einmal sogar zwei volle Wochen vor der gestellten gackernden Beute stehen. Ich hatte die Jagd nämlich vorzeitig und plötzlich abbrechen müssen, um mich auf eine kurze Reise zu begeben und dabei meinen Hund völlig vergessen.

Erst als ich wieder nach Hause kam, stellte ich fest, dass meine Diana verschwunden war. Nun machte ich mich auf die Suche und fand das Tier tatsächlich dort vor, wo wir zuletzt gejagt hatten. Mein braver Hund ließ auch nach zwei Wochen ohne Wasser oder Futter keines der inzwischen abgemagerten Hühner aus dem Auge.

Ich habe ihr natürlich von der knusprigen Beute später ein großes Stück abgegeben - und bewahre meinem Hund bis heute ein ehrendes Andenken.

 

 

 

9. Mein Wunderpferd aus Litauen

Ich bin in meinem Leben mit Tieren immer sehr gut ausgekommen, besonders die Pferde haben es mir angetan. Ich will auch gar nicht übertreiben, aber ich bin ein vorzüglicher Reiter und das spüren die Tiere genau. Als ich eines Tages bei einem Grafen in Litauen zu Gast war, sollte mir genau diese Eigenschaft von Nutzen sein. Denn just als wir zu wichtigen Verhandlungen zusammen saßen, traf ein neues Pferd auf dem Gestüt des Grafen ein.

Ich hörte dies, weil plötzlich laute Hilfeschreie zu uns in den Salon drangen. Ich ging hinaus und sah schon von der breiten Treppe aus, dass die Männer, die das Pferd in den Stall bringen sollten, vollkommen überfordert waren. Der prächtige Gaul wollte wahrlich nicht so wie es sich die Männer gedacht hatte - er blähte die Nüstern, schlug wild mit den Hufen um sich und ließ niemanden an sich heran kommen.

 

 

 

10. Das tanzende Pferd

Eines Tages saß mit ein paar Damen der Gesellschaft zur Teestunde zusammen und überlegte mir, wie ich sie am besten unterhalten könne. Da kam mir in den Sinn, ihnen mein Pferd vorzuführen, das über ganz besondere Fähigkeiten verfügte. Ich entschuldigte mich also für einen kurzen Moment bei den Frauen, holte mein Pferd aus dem Stall und ritt schnurstracks direkt in den Salon hinein, in dem die Damen noch immer am Tisch saßen.

Natürlich beherrsche ich auch die Hohe Schule des Reitens und so ließ ich meinen Gaul auf den Tisch steigen und er vollführte die schönsten Kunststücke ohne dabei auch nur eine Tasse oder einen Teller des wertvollen Geschirrs zu zerbrechen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, mit welch großen Augen die Gesellschaft mein Treiben verfolgte.

 

 

 

11. Der "geteilte" Gaul

Meine Pferde, so kann ich aus der Erinnerung sagen, waren immer treue Freunde, die auch in Krisenzeiten fest zu mir standen. Mit einem meiner Pferde musste ich sogar einmal in den Krieg ziehen. Das war keine angenehme Sache. Nach gewonnener Schlacht hatte sich mein Pferd dann aber auch eine richtige Verschnaufpause verdient. Wir ritten zu einem Brunnen in der benachbarten Stadt, an dem ich den Litauer, so nannte ich dieses Pferd, trinken ließ. Er trank und trank und hörte gar nicht wieder auf. Ich konnte mir das beim besten Willen nicht erklären.

Nach einer ganzen Weile kam mein Reitknecht auf mich zu und brachte die Erklärung für den unbändigen Durst meines Pferdes gleich mit. Ich solle einmal nach hinten schauen, sagte er zu mir. Prompt wendete ich meinen Blick - und musste voller Entsetzen feststellen, dass mein Pferd sein Hinterteil verloren hatte. Das Wasser lief geradewegs am anderen Ende wieder aus ihm heraus.

Ich schaute den Reitknecht verwundert an. Bei meinem Ritt in die Stadt habe sich das Stadttor plötzlich geschlossen und das Hinterteil vom Rest des Pferdekörpers abgetrennt, sagte er. Weil ich aber einfach unbeirrt weitergeritten sei, habe sich das hintere Ende selbständig gemacht, es grase nun auf einer Weide, fuhr er fort.

Nicht weit vor dem Stadttor fand ich das verlorene Teil wieder, ritt sofort zu einem Hufschmied, der aus beiden Pferdehälfte wieder eine machte, und zwar mit der Hilfe von Lorbeertrieben.

Im kommenden Frühjahr wuchsen diese sich zu einer prächtigen Hecke und dann sogar zu einer richtigen Laube aus, die mir stets bei meinen Ausritten genügend Schutz bei allen Witterungslagen bot.

 

 

 

12. Mein Ritt auf der Kanonenkugel

Kriege sind keine schöne Sache. Immer muss man wissen, was der Gegner als Nächstes vor hat, um dies für den eigenen Vorteil ausnutzen zu können. So verlangte einmal mein General während einer Schlacht von mir, dass ich eine feindliche Festung auszuspionieren habe. Wir aber sollte ich ungesehen dort hinein gelangen?

Nichts leichter als das, dachte ich, und schwang mich auf eine Kanonenkugel, die meine Kameraden gerade auf die Festung abgeschossen hatten. Doch da war ich wohl ein wenig zu voreilig gewesen. Im Flug überlegte ich mir nun, wie ich wohl wieder unbeschädigt das feindliche Territorium verlassen könne. Dieses Mal wollte mir allerdings so rein gar nichts einfallen!

Da kam mir der Zufall - wie so oft in meinem Leben - zu Hilfe. Unsere Feinde hatten nämlich auch eine Kanonenkugel abgeschossen, die nun direkt auf mich zuflog. Ohne lange zu überlegen wechselte ich von einer Kanonenkugel auf die andere. Das war für mich ja kein Problem, denn ich war ein ausgezeichneter Reiter wie ihr ja schon gehört habt. So kam ich zwar unverrichteter Dinge, aber immerhin heile bei meiner Truppe wieder an.

 

 

 

13. Mein Sprung durch die Kutsche

Ich war ein guter Reiter und hatte meine Pferde stets gut dressiert. Sie konnten über Zäune, Büsche und Mauern springen. Und einmal war ein Gaul darunter, der zudem noch übermäßig schnell war, auch das will ich euch erzählen.

Eines Tages waren wir auf Hasenjagd. Gerade in dem Augenblick, als Meister Lampe eine Straße kreuzte, kam eine Kutsche vorbei, in der zwei Damen aufgeregt plaudernd saßen. Da ich nun meine Beute nicht aus den Augen lassen wollte, sprang ich mit meinem Pferd durch ein geöffnetes Fenster mitten durch die Kutsche hindurch.

Dabei waren der Litauer und ich so schnell unterwegs, dass mir kaum noch die Zeit blieb, meinen Hut zum Gruß zu lüpfen und den Damen einen guten Tag zu wünschen.

 

 

 

14. Als ich mich einmal selbst aus dem Sumpf befreite

Wer je bei einem Ausflug in einem Sumpf zu versinken droht, der sollte sich an diese Geschichte erinnern, die ich wirklich erlebt habe. Bei einem Ausflug gerieten mein Pferd und ich eines Tages in sumpfiges Terrain. Aber wir mussten da durch, es gab keinen anderen Weg zu unserem Ziel. Durchlaufen konnten wir den Sumpf natürlich nicht, also mussten wir das Hindernis überspringen.

Den ersten Anlauf hatte ich allerdings zu kurz berechnet. Im Flug machten wir kehrt und landeten sicher auf der Stelle, von der aus wir abgesprungen waren. Wir setzen zum zweiten Sprung an - doch dieses Mal konnten wir nicht in der Luft wenden und landeten unsanft auf dem morastigen Untergrund.

Mein Pferd und ich wären hoffnungslos versunken, wenn ich es nicht geschafft hätte, mich an meinem eigenen Haarschopf aus dem Sumpf zu ziehen. Dass ich dadurch auch mein treues Pferd gerettet habe, versteht sich ja von selbst. Es kann eben doch von Vorteil sein, wenn man einen gut trainierten Körper hat.

 

 

 

15. Meine erste Mondreise

Weniger schön sind meine Erinnerungen an die Zeit, als ich in Diensten des türkischen Sultans stand. Denn der sah mich nicht gerne als Ehrenmann, sondern verpflichtete mich als seinen Diener. Jeden Morgen musste ich ausziehen, um seine Tiere auf die Weide zu treiben.

Nun, wären es Schafe oder Rinder gewesen, so hätte ich die Arbeit ja noch als sinnvoll angesehen. Ich aber war ein Bienenhüter, musste die fleißigen Honigsammler morgens aus dem Stock in die freie Natur führen und abends ins Bienenhaus zurück. Das war zwar keine schwere Arbeit, aber oft sehr ermüdend.

Und manchmal sogar gefährlich! Eines Abends nämlich sah ich zwei Bären auf unsere Weide kommen. Ich wappnete mich mit meiner silbernen Axt, die mir der Sultan gegeben hatte für den Fall, dass ich einmal in Not geriete. Die beiden Bären kamen geradewegs auf mich zu. Wahrscheinlich war ihnen der Duft des köstlichen Honigs in die Nase gestiegen!

Mit all meiner Kraft warf ich die Axt nun gegen die beiden Bären. Doch meine Waffe verfehlte sie. Trotzdem sputeten sich die Bären und machten sich schnell aus dem Staub.

Meine Axt aber war verschwunden. Erst bei genauerem Hinschauen entdeckte ich sie doch tatsächlich auf dem Mond!

Das war kein schlecht Wurf, lieber Baron, dachte ich mir noch. Aber die Waffe musste wieder her - der Sultan wäre sonst wohl außer sich geraten. Raketen waren zu meiner Zeit noch nicht erfunden. Wie sollte ich also auf den Mond gelangen?

Da fiel es mir ein: Ich hatte schon einmal von den schnell wachsenden Bohnen der Türken gehört. Ich pflanzte eine in den fruchtbaren Boden ein und siehe da, mir nichts, dir nichts, wuchs eine stattliche Pflanze gen Himmel empor - so hoch, dass ihr Ende bis an den Rand der Mondsichel reichte.

Im Klettern war ich schon immer besonders geschickt gewesen und so war es für mich überhaupt kein Problem, an dem Pflanzensproß empor zu klimmen. Ein wenig musste ich dann noch auf dem Mond nach meiner silbernen Axt suchen, aber schließlich fand ich sie wieder.

 

 

 

16. Mit Schwung zurück zur Erde

Einmal habe ich sogar eine Mondreise unternommen. Das Hinauf war kein Problem. Aber nach einer Weile wollte ich natürlich auch schleunigst zurück in die Türkei, in das Land, von dem aus ich gestartet war und in dem noch ein ganzer Bienenschwarm darauf wartete, von mir versorgt zu werden. Doch der Pflanzensproß, an dem ich hinauf zum Mond geklettert war, hing verdorrt an der Mondsichel. Wie sollte ich nun nur nach Hause kommen?

Dann sah ich auf dem Mond überall Stroh herumliegen. Ohne lange nachzudenken, flocht ich mir daraus einen Strick, den ich an der Mondsichel festband. Nun konnte ich mich abseilen. Und immer dann, wenn ich am Ende des Seils anlangte, schlug ich es oben ab und knüpfte es unten wieder an. So gelanget ich auf ziemlich sicherem Weg zurück zur Erde.

Ein kleines Mißgeschick aber passierte mir dann doch noch auf den letzen Metern. Das Seil nämlich riss - und ich purzelte aus etwa zehn Metern Höhe ins Türkenland zurück. Und zwar so heftig, dass ich ein gewaltiges Loch in den Boden riss, aus welchem ich mich nur befreien konnte, weil ich mir zehn Jahre lang die Fingernägel nicht geschnitten hatte. Nun konnte ich nämlich mit ihnen bequem Treppenstufen in die Erde graben und leichten Fußes zu meinen Bienen zurückkehren.

 

 

 

17. Die Bärenfalle

Gefräßige Bären sind gefährlich, dass lasst euch sagen. Ich bin einmal mit einem solchen zusammengetroffen und die Sache gerade noch gut für mich aus. Der Bär wollte mir von nun aber nicht mehr aus dem Sinn gehen. Und so ersann ich eines Tages eine List, um ihn mir für immer vom Hals zu halten. Ich strich die Deichsel eines alten Pferdewagens mit Honig ein.

Ein Bär kam tatsächlich. Schleckte so gierig an dem Honig, dass er sich die Deichsel am Maul einverleibte - und erst aufhörte zu schlecken, als sie an seinem Hinterteil wieder herauskam. So aufgespießt ließ ich den Bären einen ganzen Tag lang zappeln. dann ließ ich ihn frei und habe ihn nie wieder gesehen.

 

 

 

18. Das eingefrorene Posthorn

Wer eine Reise tut, der sollte sich gut überlegen, wie er eine lange Strecke zurücklegen möchte. Ich reise gerne auf die bequeme Art und so entschied ich mich eines Tages auch, als ich aus der warmen Türkei zurück ins kalte Deutschland reisen wollte, für die Postkutsche.

Die Entscheidung hatte ich wirklich gut getroffen, denn je näher wir nach Hause kamen, um so kälter wurde es. Als wir meiner Heimatstadt schon recht nahe waren, bat ich den Kutscher in sein Horn zu stoßen. Doch so kräftig er auch blies, es tat sich nichts. Kein einziger Ton war zu hören.

Dann eben nicht, dachte ich noch und lud den Kutscher zu einem kräftigen Mittagessen ein. Der nahm dankend an und hängte sein Horn in der Nähe des Küchenfeuers auf. Kaum hatten wir mit dem Essen begonnen, da posaunte das Horn plötzlich die schönsten Melodien.

 

 

 

19. Der schnelle Läufer

Ich hatte in der Türkei einen Freund, der Sultan war und mich eines Tages für einen Dienst engagierte, der meiner gesellschaftlichen Stellung wirklich entsprach: Ich sollte mit einer Geheimbotschaft für ihn nach Ägypten reisen. Natürlich nahm ich den Auftrag gerne an und machte mich sofort auf den Weg. Ich war noch gar nicht lange unterwegs, da traf ich kurz hinter Istanbul einen spargeldünnen Mann, der ungeheuer schnell zu Fuß unterwegs war. Sofort fiel mir auf, dass er zwei übermäßig große - und wie es schien auch schwere - Gewichte an den Beinen trug. Ich nahm die erstbeste Gelegenheit wahr und fragte ihn nach dieser ungewöhnlichen Art des Laufens.

"Ach", sagte er, "ich bin vor einer halben Stunde in Wien losgelaufen. Und damit ich nicht zu schnell werde, habe ich mir diese Gewichte an die Beine gehängt." Ich muss gestehen, dass ich sehr beeindruckt war, und so nahm ich den Läufer in mein Gefolge auf, das mich auf dieser Reise begleitete.

In Ägytpen hatte ich meinen Geheimauftrag dann schnell abgewickelt und konnte mein Gefolge bald entlassen. Nur mein unterwegs aufgelesener neuen Freund mit seiner außergewöhnlichen Fähigkeit stand mir auch weiterhin zu Diensten.

Überhaupt lernte ich im Laufe meines Lebens so manchen merkwürdigen Gesellen kennen. Und immer dann, wenn ich diese für einen ungewöhnlichen Auftrag benötigte, rief ich sie zusammen und sie folgten mir blind.

 

 

 

20. Der Horcher und der Jäger

Einmal kam ich auf einer meiner Reisen an einer Wiese vorbei, auf der ein Mann auf Knien lag und sein Ohr fest auf den Boden presste. Natürlich hielte ich an und ich fragte ihn, was er da täte.

"Ich höre das Gras wachsen", antwortete der Mann wie aus der Pistole geschossen. Männer, die so gute Lauscher haben, kann man immer gebrauchen - und so hatte ich einen neuen Reisegefährten an meiner Seite.

Doch der Tag war noch nicht zu Ende. Wenig später hatte ich das Glück einen Mann kennen zu lernen, der in einer Einöde auf einem Hügel stand und scheinbar Löcher in die Luft schoss. Meine Neugier war groß und ich richtete eine Frage nach dem Grund seines Tuns an ihn.

"Oh," lachte er auf, "das ist doch ganz klar. Auf dem Straßburger Münster saß eben noch ein kleiner Spatz. Ich habe ihn mit einem Schuss vertrieben." Vortrefflich, dachte ich und nahm den Jäger mit.

 

 

 

21. Der starke Mann und ein "Sturmbereiter"

Weil ich immer die Augen und Ohren aufhalte, lernte ich eines Tages sogar einmal einen Mann mit ungeheuren Kräften kennen. Er war ein wenig untersetzt und stand mitten in einem Wald, wo er mit bloßen Händen die Bäume aus der Erde riss. Das sah so leicht als, als würden du und ich Grashalme knicken.

"Ich habe meine Axt vergessen", sagte er fast entschuldigend auf meine Frage nach seinem Tun. Er wurde in den Kreis meiner Freunde aufgenommen - allerdings verlangte er für seine Tätigkeiten eine sehr hohe Entlohnung, was mich doch ein wenig ärgerte.

Mit ihm gemeinsam zog ich noch ein wenig meines Weges, da brandete plötzlich ein so heftiger Sturm auf, dass wir uns kaum noch auf den Beinen halten konnten. Doch der Blick zum Himmel verriet nichts Außergewöhnliches.

Erst als wir einige Kilometer weiter ins Land gezogen waren, sahen wir unweit einiger Mühlen einen großen kräftigen Burschen stehen, der sich ein Nasenloch zu hielt und durch das andere seinen Atem in heftigen Stößen ausblies.

Die Windmühlen drehten sich wie verrückt und die Müller hatten alle Hände voll zu tun. "Würde ich durch beide Nasenlöcher blasen, dann würden die Mühlen nie wieder still stehend", erklärte mir der Sturmbereiter. Auch er gehörte von diesem Zeitpunkt an zu meinen Gefolgsleuten.

 

 

 

22. Die Wette"

Als ich einmal meinen guten alten Freund, den Sultan von Istanbul, besuchte, lud er mich aus lauter Höflichkeit zu einem großartigen Essen ein. Die Speisen, so kann ich euch berichten, waren einfach köstlich. Allerdings ließen die Getränke zu wünschen übrig. Das lag vor allen Dingen daran, dass wir uns hier unter lauter Moslems bewegten, für die Alkohol absolut tabu ist.

Mein Freund der Sultan machte aber an diesem besagten Abend eine Ausnahme und ließ aus seinem Keller die letzte Flasche Wein holen - einen ungarischen Roten, eine Marke, die ich vor langer Zeit schon einmal bei Kaiser Karl in Wien getrunken hatte.

"Nun, lieber Münchausen, wie mundet Ihnen dieser Rotwein", fragte mein Gastgeber stolz. "Ich habe ihn von einem Grafen geschenkt bekommen und der hat mir versichert, es sei der beste ungarische Rotwein, den man bekommen könne!"

"Nun, was gilt die Wette, wenn ich Ihnen sage, lieber Sultan, dass ich binnen einer Stunde einen noch besseren Wein auf den Tisch holen kann", fragte ich angriffslustig mein Gegenüber.

"Die Wette gilt", antwortete der türkische Staatsmann und lachte. "Gewinnst du, so will ich dich belohnen. Steht die Flasche aber nicht innerhalb von einer Stunde auf dem Tisch, dann mache ich dich einen Kopf kürzer!"

Ich nahm die Wette an, rief nach meinem Gesinde, das mich stets auf Reisen begleitet, und schickte den schnellsten Läufer aller Zeiten mit einem Brief, der an meinen Freund den Kaiser in Wien adressiert war und in dem ich ihm erklärte, worum es ging, auf den Weg. Es war fünf nach drei als sich der Läufer in Bewegung setzte. Um fünf nach vier musste er zurück sein...

Der Sultan und ich setzten das üppige Mahl fort, hatten allerdings immer einen Blick auf die Uhr gerichtet, die im Speisesaal an der Wand hing. Langsam rückte der Zeiger Minute um Minute vor. Doch weit und breit war kein Läufer zu sehen.

15 Minuten vor vier - ich war inzwischen mächtig aufgeregt, denn es ging ja schlichtweg um mein Leben - entschuldigte ich mich beim Sultan und ging in den Garten hinaus. Dort rief ich nach meinem Freund, der Gras wachsen hören kann. Sofort presste er sein Ohr an den Boden und sagte, dass er den Läufer selig schnarchen höre.

Nun kam mein Jäger an die Reihe, der sich durch ein vortreffliches Auge auszeichnete. Er blickte durch das Visier seines Gewehres und entdeckte den Läufer unweit von Belgrad unter einer Eiche schlafend - die Flasche Wein fest im Arm. Er zielte, gab einen Schuss ab - und die von der Eiche fallenden Blätter, Zweige und Eicheln weckten den Läufer auf. Er sprang auf seine Beine, lief los und war pünktlich um vier Uhr beim Sultan und mir in Istanbul. Mein Leben war gerettet.

 

 

 

23. Die leere Schatzkammer"

Wer sich immer genau daran hält, was andere sagen, kommt im Leben nicht sehr weit. Man muss seine Chancen nutzen. Das dachte ich übrigens auch, als mich eines Tages ein hoher orientalischer Staatsmann mit riesigem Vermögen dazu aufforderte, so viel Gold und Edelsteine aus seiner Schatzkammer zu nehmen, wie ich tragen könne. Ich hatte ihm einen ziemlich großen Gefallen getan und er war mir zu Dank verpflichtet.

Ich nahm die Aufforderung also wörtlich und rief den stärksten Mann der Welt herbei, der mir stets als "helfende" Hand zur Seite stand. Gemeinsam füllten wir uns die Taschen so voll, dass wir kaum noch laufen konnten. Es erübrigt sich wohl zu bemerken, dass nach unserem Besuch die Schatzkammer so gut wie leer war...

"Nun aber schnell zum Hafen", forderte ich den starken Mann auf. Ich konnte mir nämlich gut denken, dass der geplünderte Staatsmann nicht besonders begeistert von der Tatsache sein dürfte, nun ein armer Mann zu sein.

Wir kauften von unseren Reichtümern ein Segelschiff und stachen sofort mit allen Kameraden, die am Hafen auf uns gewartet hatten, in See. Daran taten wir gut, denn kaum hatte der Orientale seine geplünderte Schatzkammer in Augenschein genommen, da schickte er uns seine gesamte Flotte hinterher. Und schon nach kürzester Zeit waren seine Männer uns mächtig nahe gekommen.

Aber wir hatten noch einen Trumpf im Ärmel: den Windmacher, den ich eines Tages auf einer Reise kennen gelernt hatte. Er blies kräftig aus beiden Nasenflügeln, was zur Folge hatte, dass die Schiffe des Orientalen ans Land zurückgetrieben wurden und wir selbst binnen drei Stunden die rettende Küste Italiens erreichten - die Taschen voller Gold und Edelsteine.

 

 

 

24. Die Suche nach dem Land der Riesen"

Eine Geschichte muss ich euch einfach noch erzählen bevor ich zum Schluss komme, nämlich die meines entfernten Verwandten, den ich eines Tages auf eine Seereise begleiten sollte: Er wollte das Land der Riesen entdecken!

Lange Zeit passierte rein gar nichts. Dann aber kamen wir am 18. Tag der Reise in einen heftigen Orkan, der uns mit unserem Schiff hoch hinauf in die Lüfte hob und uns kräftig durchwirbelte. Manchmal wusste ich kaum noch wo oben und unten war. Ruhiger wurde es erst, als unserer Schiff auf den Wolken zum Liegen kam. Bei leichter Brise schafften wir nun in eineinhalb Tagen ein gutes Stück des Weges - natürlich hoch oben im Wolkenmeer.

Schließlich entdeckten wir ein riesiges Land, dass es zu erobern galt. Wir legten im Hafen an - und schnell erkannte ich, dass es der Mond war, auf dem wir uns befanden. Den kannte ich ja schon von einer Reise. Nun musste ich feststellen, dass es hier Bewohner gab, die eigentümliche Dinge taten. So ritten sie beispielsweise auf dreiköpfigen Geiern durch die Lande und führten Krieg mit Rettichen und Pilzen, die sie als Wurfspieße und Schilde benutzten. Das war nichts für mich, und so lehnte ich es dankend ab, in den Dienst der Mondbewohner zu treten.

 

 

 

25. Die "kochenden Geschöpfe""

Wenn ihr euch bei einer Reise einmal ins Weltall verirrt, dann wundert euch bitte nicht über all die merkwürdigen Geschöpfe, die einem da so begegnen. Dazu zähle ich übrigens auch die "kochenden Geschöpfe", die ich eines Tages traf und die ihre Speisen genau so zu wie wir zubereiten, nämlich am Herd. Und genau deshalb tragen sie diesen komischen Namen.

Einen Unterschied gibt es aber: Die "kochenden Geschöpfe" müssen nur einmal im Monat essen. Wenn sie ihre Speisen zubereitet haben, dann öffnen sie ganz einfach ihre linke Körperhäfte und füllen das Essen direkt in den Magen. Diese Geschöpfe und auch die Tiere, die auf dem Mond leben, wachsen übrigens nicht im Mutterleib heran, sondern auf Bäumen in Früchten, die riesigen Nüssen ähneln. Sind sie "reif", so werden sie einfach in kochendes Wasser geworfen - und schon sind sie fertig.

Schon in der Nussschale weiß jedes "kochende Geschöpf", welche Aufgabe es sofort nach der Geburt übernehmen wird. Und schlüpft es dann schließlich aus dem kochenden Wasser, dann kann es sofort anfangen zu arbeiten - als Professor, Pfarrer oder Bauer. Man erkennt die "kochenden Geschöpfe" an dem einen Finger, den sie an jeder Hand haben. Außerdem tragen sie ihren Kopf stets unterm Arm. Wollen sie verreisen, so fährt der Körper alleine los - der Kopf bleibt zu Hause.

Das geht natürlich auch genau anders herum. Manchmal verreist der Kopf, dann muss der Körper zu Hause bleiben. Das ist sehr praktisch, denn so kann man an zwei unterschiedlichen Orten gleichzeitig unterschiedliche Dinge tun. Und dabei brauchen sie noch nicht einmal Koffer packen, denn die Sachen, die sie gerne mit auf Reisen nehmen möchten, die verstauen sie mittels Reisverschluss einfach in ihrem Bauch.

Ihre Augen können die "kochenden Geschöpfe" in die Hand nehmen. Und wenn sie einmal eines verlieren, dann macht das rein gar nichts, denn auf ihrem Planeten haben sich unzählige Geschäfte darauf spezialisiert, Augen in allen möglichen Formen und Farben anzubieten.Als ich dort zuletzt zu Gast war, waren gelbe Augen besonders in.

Ihr glaubt mir nicht? Dann reist doch einmal selbst hinauf ins Reich der Sterne. Schaut euch nur gut um, dann werdet ihr es schon sehen! Denn von mir wisst ihr ja, dass ich stets bei der Wahrheit bleibe und niemals lüge.

Prosit, meine Lieben, ich erhebe gerne mein Zwölfliterglas auf euch!